Bericht aus den Aufzeichnungen von Johann Wolfgang von Goethe.

Nach dem Frühstück besteigt Goethe mit Frau von Levctzow und den drei Töchtern eine Kalesche. Man fuhr nach Elbogen, wo man schon um 9 Uhr anlangte. Die kleine Gesellschaft spaziert auf dem bezaubernden Pfad längs der Krümme des Flusses bis zur Haidingerschen Porzellanfabrik, die berühmt war wegen ihrer schönen Tassenmuster. 

Dann stiegen sie alle hinauf zum Rathaus auf der alten Burg und betrachteten den "Verwunschenen Prinzen", wie der Elbogener Meteor im Volksmund hieß, denn der magische Block war einst aus dem Weltall direkt in den Burgbrunnen hineingesaust.

Und dann aß man im "Weißen Roß", wo Goethe das Mittagessen vorbestellt hatte, auf der romantischen Terrasse, wo er schon so oft in heiterer Gesellschaft gespeist, mir Silvic von Ziegesar, mit der klugen Marianne, mit der pfeifflustigen Seckendorff und dem Götterchen. Die Forellentafel ist diesmal besonders gedeckt.

Die Rechnung des Wirtes hat sich erhalten und trägt den Vermerk: "Für einen Blumenstrauß: 1Fl. 30 Kr." Insgeheim hatte Frau von Lcvetzow einen prächtigen Kuchen und Rheinwein versorgt. 

"Welch schöner geschenkter Kuchen", sagt Goethe, als wüßte er die Bedeutung nicht. "Ich muß doch auch etwas zum Diner beitragen" entschuldigte sich gleichsam Fra von Levetzow. Vom Geburtstag ist nicht die Rede. Aber auf dem Tisch vor ihm steht vin fein geschliffenes böhmisches Glas, kunstvoll facettiert mit Rauten und Ovalen, die in wechselnder Reihe ein breites tiefgekerbtes Band bilden und die drei eingravierten Namen zeigen; "Ulrike, Amalie, Berta."

"Welch schönes Glas", sagt Goethe. "Sie sollen sich unser und dieses Beisammensein erinnern und immer daran denken." 

Am Abend, als die Gesellschaft beim "Goldenen Strauß" vorfährt, erwartet sie festliches Menschengewühl und Musikserenade. Als Goethe am nächsten Morgen beim Frühstück erscheint, bemerkt er lächelnd: "Nicht wahr, Sie wußten, daß gestern mein Geburtstag war?"

"Wie sollte ich nicht", sagt Frau von Levetzow, "da hätten Sie es nicht drucken lassen müssen."  Er tat, als ob er sich besänne. Freilich wußte er, daß der Tag für jedermann deutlich am Beginn von "Dichtung und Wahrheit" vermerkt stand.

Nun endet er das kleine Maskenspiel. "So wollen wir ihn den Tag des öffentlichen Geheimnisses nennen", antwortet er und überreicht der Mutter und den drei Töchtern zierliche Glasbecher zur Erinnerung".

Drei davon noch 1932 im Besitze der Baronin Louise von Rauch, Enkelin von Ulrikes Schwester Amalie, auf Schloß Netluk in Balirnex